Text: Heimo Rollett
Das musste ich erstmal verstehen: Warum zum Skifahren auf den Lift verzichten? Eine Antwort: weil auf die schönsten Berge keine Lifte gehen. Heli? Ja, das verspricht einen Abfahrts-Reigen. Aber es geht nicht nur ums Runter, sondern auch darum durch unverspurte Wintermärchen-Landschaften zu wandern, um abzuschalten, um Wellness im Kopf und Sport in den Beinen. Darum wurden Ski-Touren für mich die Königsdisziplin im Winter. Der Wermutstropfen: Wer sich nach der Abfahrt nicht mit systemgastronomischem Einheitsbrei den Magen verderben will und wer das Gipfelniveau auch in der Unterkunft aufrecht erhalten will, hat es schwer. Die wenigsten Premium-Häuser sind auf diesen immer beliebter werdenden Sport eingestellt. Darum haben wir ein paar Adressen recherchiert, bei denen sich Champagner-Powder und -Bar nicht ausschließen.
Zweifelsfrei die eleganteste Art, wie Skitouren mit Annehmlichkeit verbunden werden können. Diese organisierte Tour führt vom Matterhorn nach Italien. Übernachtet wird in exklusiven Berghotels, ein wahres Fundstück ist etwa das „Hotellerie de Mascognaz“, ein authentisches Dörfchen aus dem 13. Jahrhundert, dessen Hütten von vermögenden Italienern liebevoll saniert wurden. Obwohl das Chalet-Hotel nur mittels Schneemobil erreichbar ist, kann hier fast alles geboten werden – Bergambiente auf höchstem Niveau. Tilman Held, der Erfinder des Tracks, hat auch sonst nichts anbrennen lassen: einmalige Gourmeterlebnisse in den verstecktesten Spezialitäten-Restaurants hat er eingebaut, mehrerer Helikopterflüge sind inkludiert, Leihausrüstung sowieso. Das Gepäck wird während den Touren zum nächsten Hotel geshuttelt. Auf Wunsch (und gegen Aufpreis) fahren auch prominente Ski-Olympiasieger mit. Profi-Guides und ein persönlicher Concierge stehen rund um die Uhr zur Verfügung. Tourenerfahrung ist übrigens gar nicht nötig, all zu viel Kondition auch nicht. Wer das komplette Package will sollte mit rund 9.000 Euro rechnen, oftmals werden aber Teile aus dem Programm individuell für Ehepaare oder Familien, die mit ihren größeren Kindern nochmal einen gemeinsamen Urlaub verbringen wollen, zusammen gestellt, erzählt Held im Gespräch mit reiseredaktion.at.
Das Gebiet um St. Moritz ist und bleibt eines der Schönsten: für den klassischen Winterurlaub, zum Skifahren und – gerade weil es so viele Freeridemöglichkeiten gibt – auch für Skitouren. Der Schnee ist hier aufgrund der Höhe tendenziell trockener und weicher, was auch aufstiegsorientierten Tourengehern spätestens beim ersten Schwung hinunter ein spaßiges Lächeln ins Gesicht zaubert.
Ein Klassiker der Region und mit drei Stunden Zeitbedarf recht leicht bewältigbar ist der Piz Muragl. Ausgangspunkt für diese Besteigung ist das Bergdorf Pontresina. Lediglich 750 Höhenmeter geht es mit Muskelkraft hinaus, wenn man für die ersten Meter die Bahn nimmt. Runterflitzen kann man dann dafür doppelt so viele Höhenmeter, und wer dann noch keine weichen Oberschenkel hat, kann noch am hauseigenen Eislaufplatz des Grand Hotel Kronenhof (direkt am Fuß des Muragls gelegen), ein paar Runden drehen, oder in der hoteleigenen Kegelbahn bei einem wärmenden Cognac sein Glück (oder Können) versuchen. Hotels wie der Kronenhof oder auch das Grand Hotel Kulm, direkt in St. Moritz, runden das Tourenvergnügen nämlich erst richtig ab. Klar, man kann auch auf Berghütten schlafen, aber warum sollte ich nach der dem Schneeausflug auf Zirbensauna, Massage und Haute Cuisine verzichten?
Praktisch: Auch vom Hotel Kulm können Beginner oder Konditionsschwächere für die ersten Höhenmeter die Gondel nehmen, um mehr Zeit für sensationelle Panorama-Blicke auf den Gipfeln und Graten zu haben. Vom Piz Nair (3.057 m) aus überblickt man das Engadin, gegenüber liegt der Piz Bernina, der östlichste 4.000er der Alpen, mit seinem ausgesetzten Biancograt, einem Klassiker für alle Alpinisten. Abgefahren wird z.B. über die Variante Richtung La Foppa über einen Steilhang und Felsbänder ins Suvretta-Tal. Oder man geht noch ein paar Schritte und fährt auf der anderen Seite des Bergmassivs nach Spinas hinab. Ein Taxi oder auch die durchaus empfehlenswerte Schweizer Bahn bringt einen nach St. Moritz zurück. Dort wartet im Hotel bestimmt schon ein Grand Cru als Belohnung.
Eine der schönsten Skitouren, die ich je gegangen bin, liegt 15 Kilometer von St. Moritz entfernt, sie führt auf den Piz Lunghin. Ausgangspunkt ist der winzige Ort Maloja, kurz nach ihm bricht das Engadin Richtung Italien plötzlich 1.482 Meter in die Tiefe. Hier steht das 1884 erbaute Maloja Palace. Der Aufstieg von hier weg wird mit jedem Schritt Atem beraubender. Immer kleiner wird das Dorf unter uns, selbst das wuchtige Hotel erscheint plötzlich wie das Accessoire einer Modelleisenbahn. Noch ein Schritt und der Blick wird hinab gesaugt, auf den Malojapass, dann weiter hinein in das tief eingeschnittene Bergell, an dessen Ende sich irgendwann der Como-See breit gemacht hat. Hier geht es weiter Richtung Adria. Auf der anderen Seite des Gipfels entspringt der Inn, der ins Schwarze Meer mündet, und auch die Julia, findet bei diesem Berg ihren Ursprung, sie führt schließlich irgendwann ihr Wasser in die Nordsee. Am Gipfel dieser europäischen Wasserscheide heißt es dann „Berg heil!“ – und während die Sonne die Nase kitzelt öffnen wir erwartungsvoll das Lunch Paket des Hotels.
Neben dem Engadin bieten sich als weitere Klassiker natürlich Gebiete wie Andermatt (hier lässt sich das Chedi Andermatt als Stützpunkt ausprobieren, wo es einen eigenen Skibutler gibt), die Dolomiten und in Österreich der Arlberg an. In Lech stößt man mit dem Thema Skitouren auf professionelle Routine, statt auf fragende Gesichter. Das Alpincenter Lech hilft mit Touren-Tipps, Wetter-Ratschlägen, Sicherheits-Updates und den besten Guides. Als beliebte Ziele stehen u.a. die Mohnenfluh, der Trittkopf (gut bei schlechterem Wetter) oder das Madloch aber auch der Kaltenberg, die Wildebene und die Erlispitze zur Auswahl. Nur den Mehlsack und das Schneetal sollten Sie meiden, da können Sie nämlich auch mit dem Heli rauf fliegen. Die besten Hotels am Platz sind der Almhof Schneider und das Hotel Aurelio (beide 5 Stern Superior).
Wer in den Alpen, den Anden und im Himalaya schon alles gesehen hat, respektive alle Hänge schon gefahren ist, der kann mit Laserer alpin Skitouren zwischen Eisbergen und Pinguinen erleben. Erstaunlich viele Tourenmöglichkeiten ergeben sich bei dieser Reise in der Antarktis, lediglich der Komfort ist naturgemäß eingeschränkt. Ein Kreuzfahrtschiff bringt die maximal acht Teilnehmer von Feuerland auf eine der südlichen Shetland Inseln. Neben einzigartigen Touren stehen aber auch andere Dinge am Programm, der Besuch der ukrainischen Forschungsstation Vernadsky etwa, oder die vulkanischen Thermalquellen. Dennoch: Wer schon bei einem winterlichen Maroni-Empfang kalte Füße bekommt, sollte diese Reise lieber auslassen.
Skitouren lassen sich nicht nur in den Alpen gehen. Natürlich bieten sich die großen Gebirge der Welt dafür an, die Anden, der Himalaja, der Kaukasus. Firn und Pulver gibt es aber auch in Marokko im hohen Atlas, in Kenia, in Japan oder unweit von Rom – in den Abruzzen. Perfekt geneigte Hänge kann man da in der warmen Frühjahrssonne hinunterwedeln mit Blick aufs blaue Meer. In der Türkei, China und Indien geht es weniger romantisch zu, hier ist großteils schon mit Expeditionsbedingungen zu rechnen. Kanada, USA sind hingegen infrastrukturell recht gut erschlossen.
Der Dachstein und die Schladminger Tauern sind vor allem vom Osten aus rasch erreichbar. Ein Geheimtipp außerhalb Schladmings ist das Hotel Höflehner (4*superior). Sympathisch schmiegt es sich an einen Hang mitten in einem Skigebiet mit bester Aussicht auf die steirischen Alpen. Skitouren gehören hier zum Alltag. Im April bietet das Hotel sogar ein eigenes Touren-Special an. Höhepunkt dabei ist die Dachstein-Überquerung, alles natürlich immer mit staatlich geprüftem Berg- und Skiführer. Wem die Tour zu steil ist, der kann sich in dem wunderbaren Wellness-Angebot baden. Ob Männerkosmetik, Massagen für werdende Mütter oder Teenie-Spa – die ganze Familie ist hier bestens versorgt.
Fotos: Heimo Rollett, JTA/JNTO, Salewa, Lech/Zürs TourismusgmbH, Natur- und Wellnesshotel Höflehner, Grand Hotel Kronenhof, swiss-image.ch/ENGADIN St. Moritz